Referentinnen
Radikal umdenken! Frauentag zur Care-Ökonomie
Dr. theol. Ina Praetorius, Germanistin, Ev. Theologin
Hauptreferat: Wirtschaft ist: alles, was Bedürfnisse befriedigt
Die Hauptreferentin befasst sich seit vielen Jahren mit Fragen der Ökonomie. Dabei geht sie von der Grundbedeutung des Begriffs Ökonomie aus: oiko-nomia, das ist die Lehre vom guten Haushalten. Alle ÖkonomInnen sind sich einig, dass es dabei um die „Befriedigung menschlicher Bedürfnisse“ geht. Warum aber sprechen sie trotzdem nur vom Geld? Und nicht vom größten Wirtschaftssektor, der unbezahlten Care-Arbeit? Was bedeutet diese Engführung für das menschliche Zusammenleben? Und für die Mitwelt? Wie kann es gelingen, die Wirtschaft wieder auf ihr Kerngeschäft, die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse zu verpflichten? Gemeint sind die Bedürfnisse von ungefähr sieben Milliarden Erdenbürgerinnen und Erdenbürgern, die im verletzlichen Kosmos Erde zusammenleben. Der blaue Planet soll auch noch zukünftigen Generationen ein Leben in Würde ermöglichen…
Zur Person: Ina Praetorius ist Germanistin und evangelische Theologin. Sie war von 1983 bis 1987 Assistentin am Institut für Sozialethik der Universität Zürich. Im Jahr 1992 promovierte sie in Heidelberg mit einer Arbeit zum Thema «Anthropologie und Frauenbild in der deutschsprachigen protestantischen Ethik seit 1949 ». Sie ist u.a. Mitherausgeberin des «Wörterbuchs der feministischen Theologie» und lebt seit 1987 als freie Autorin und Referentin mit ihrer Familie in Wattwil /CH.
Nicola Bock, Dipl. Psychologin, Diakonie Regensburg
Workshop 1: Frauen fühlen sich für alles zuständig? – Umdenken erforderlich, erlaubt, nötig?
Frauen fühlen sich häufiger für alles verantwortlich und zuständig als Männer. Das Resultat sind Schuldgefühle und Angst vor Ablehnung. In dem Workshop wird es darum gehen, wie es zu diesen Mustern kommt und warum es Frauen so schwer fällt, sich von diesen Grundüberzeugungen zu verabschieden.
Des Weiteren werden wir bestehende Glaubenssätze aufspüren und versuchen, diese zu verändern bzw. neue zu entwickeln. Die Teilnehmerinnen sollen verstehen, warum sie Probleme haben, sich abzugrenzen und auch für sich selbst gut zu sorgen. Dadurch kann es möglich werden, sich klarer zu entscheiden für die Dinge, die einem selbst wichtig sind.
Neben Übungen zur Selbsterfahrung wird es in dem Workshop auch die Möglichkeit zu Diskussion und Erfahrungsaustausch geben.
Zur Person: Nicola Bock stammt aus Regensburg und hat nach Abitur und Ausbildung lange Jahre als ausgebildete Krankenschwester gearbeitet, unter anderem in St. Josef und in der Ambulanten Krankenpflegestation Lappersdorf. 2012 schloss sie ihr Psychologiestudium ab und arbeitete als Psychologin am Zentrum St. Leonhard bevor sie 2014 in der Psychologischen Beratungsstelle der Diakonie Regensburg ihre Tätigkeit aufnahm. Dort ist sie tätig vor allem im Bereich der Erziehungsberatung, aber auch in der Lebens-, Partner- und Eheberatung. Ein Schwerpunkt liegt in der Trennungs- und Scheidungsberatung. Sie leitet Kindergruppen für Trennungs-und Scheidungskinder und Kinder von psychisch erkrankten Eltern. Außerdem gehören Öffentlichkeitsarbeit und präventive Aufgaben (Vorträge in Kindergärten oder Schulen) zu ihrem Gebiet. Derzeit ist sie in Weiterbildung in ›Integrierte Familienorientierte Beratung‹.
Prof. Dr. Wolfgang Buchholz, Universität Regensburg
Workshop 2: Die Kosten der Pflege und ihre gerechte Verteilung
In den nächsten Jahren und Jahrzehnten ist aufgrund der Alterung der Gesellschaft mit einem erheblichen Anstieg der Pflegekosten zu rechnen. In diesem Workshop sollen vor diesem Hintergrund verschiedene mögliche Formen der zukünftigen Gestaltung der Pflege und der Finanzierung der Pflegekosten erörtert werden.
Dabei ist auf der einen Seite an den weiteren Ausbau der gesetzlichen Pflegeversicherung oder an eine höhere Steuerfinanzierung der Pflege (etwa durch eine zusätzliche Besteuerung von Erbschaften) zu denken, auf der anderen Seite aber auch an eine noch stärkere Inanspruchnahme der Familien oder die Schaffung von Netzwerken gegenseitiger Hilfe.
In der Diskussion soll dann vor allem danach gefragt werden, welche der einzelnen Alternativen aufgrund der mit ihnen verbundenen Verteilungseffekte den Teilnehmerinnen als mehr oder weniger fair und gerecht erscheinen.
Zur Person: Wolfgang Buchholz ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Regensburg und Forschungsprofessor am ifo Institut für Wirtschaftsforschung in München. In Forschung und Lehre beschäftigt er sich in erster Linie mit Themen der Umweltökonomie, der Sozial- und Verteilungspolitik und der Wirtschaftsethik. Neben zahlreichen Zeitschriftenartikeln zu diesen Themen hat Wolfgang Buchholz (zusammen mit Kollegen Friedrich Breyer aus Konstanz) auch das Lehrbuch „Ökonomie des Sozialstaats“ verfasst.
Sabine Mänken, Dipl. Volkswirtin, Biographieberaterin, Verband für Familienarbeit e.V.
Workshop 3: Hausfrau und Familienmanagerin – den Wert von Care Arbeit umdenken
In einer Zeit, in der Menschen ihren Selbstwert weitgehend durch beruflichen Erfolg definieren, stehen Mütter als primäre Bindungsperson vor einer Kulturaufgabe. Nicht selten aber wird durch ökonomischen Druck und einseitige Familienpolitik die Freiheit zur bewussten Verantwortung gar nicht empfunden. Frauen lehnen zu Recht tradierte Rollenbilder wie „Hausfrau“ und „Mutter“ ab, ohne zu merken, dass sie sich neuen Rollenbildern unterordnen. Der Paradigmenwechsel zur modernen Mutterschaft liegt im Kunstwerk der Ausrichtung der eigenen Biographie auf die Ermöglichung DA zu SEIN. Dazu müssen Frauen ihr Mutterbild in Bezug auf die eigene Sozialisation und ihre individuellen Werte reflektieren.
In diesem Workshop lernen Sie Ansätze einer Biographiearbeit kennen, in der die Rückschau auf die Vergangenheit zu einer ICH-bewussten Orientierung für die Zukunft wird. Durch Fragen und künstlerischen Ausdruck nähern wir uns Ihren Beziehungserfahrungen und Beziehungsmöglichkeiten. In Eigenarbeit, Paar- und Gruppengesprächen reflektieren wir Ihre individuelle Vision einer kulturschaffenden Mutter.
Zur Person: Sabine Mänken ist in Nürnberg geboren. Mit der Frage „Wie Welt wohl funktioniert?“ entschloss sie sich für das Studium der Volkswirtschaft und Politikwissenschaft. Die Antworten, für die sie als Diplomvolkswirtin gerade stehen sollte, empfand sie ernüchternd und tauschte deshalb die graue Welt der Theorie gegen die lebendige Welt von Familie und Kinder. Die Fragen blieben dieselben, doch im Reichtum der Beziehungen gab es Antworten, die sich weiter entwickeln konnten.
Heute ist Sabine Mänken Biographieberaterin (Einzelarbeit, Seminare und Vorträge), freie Autorin und Mitherausgeberin des Buches DIE VERKAUFTE MUTTER und engagiert sich als zweite Vorsitzende des Verbandes Familienarbeit für die leistungsgerechte Bezahlung von Familienarbeit. Sie hat drei erwachsene Kinder.
Dr. Barbara Stiegler, Dipl. Psychologin, Dipl. Pädagogin, ehemalige Wissenschaftliche Mitarbeiterin Friedrich-Ebert-Stiftung
Workshop 4: Wenn die Töchter nicht mehr pflegen: Nicht nur Geschlechterbilder verändern
Die Mutter wird immer hilfsbedürftiger, nachdem sie den Vater jahrelang gepflegt hat. Was tun? Besonders Töchter stellen sich heute die Frage: Mache ich es selbst? Oder mit ambulantem Pflegedienst? Oder hole ich eine Pendelmigrantin aus Osteuropa? Oder gar eine Heimpflege? Viele entscheiden sich für die private Pflege und geben ggf. ihre Erwerbsarbeit auf, sie pflegen bis zur Erschöpfung. Die, die „fremde“ Hilfe nutzen, kämpfen mit einem schlechten Gewissen. Irgendetwas stimmt da doch nicht. Ist das in anderen Ländern auch so? Wie müsste ein Pflegesystem aussehen, in dem alle zufrieden sind: Pflegebedürftige, Angehörige und professionell Pflegende.
Im Workshop wollen wir ausgehend von den eigenen Erfahrungen ein solches Pflegesystem entwerfen. Mit den methodischen Mitteln einer Zukunftswerksstatt werden wir die Probleme mit den Schritten: Was ist? Was fehlt? Wie könnte es sein? und Wer ist verantwortlich? gemeinsam bearbeiten. Ziel ist es, dass alle Teilnehmenden dafür sensibilisiert werden, dass die Übertragung der Pflegeaufgaben vor allem auf die Frauen (privat und professionell) ein Systemfehler ist, der behoben werden kann.
Zur Person: Dr. Barbara Stiegler studierte Psychologie und Pädagogik in Bonn. Bis 2011 war sie Leiterin des Arbeitsbereiches Frauen- und Geschlechterforschung in der Friedrich-Ebert-Stiftung, Expertin für geschlechterpolitische Beratung. Arbeitsschwerpunkte: bezahlte und unbezahlte Arbeit, Care im Alter/Pflege, Institutionalisierung von Geschlechterpolitik, geschlechterpolitische Strategien.
Sie ist Autorin von Beiträgen zum Thema Pflege und Geschlechtergerechtigkeit.
Dr. phil. Friederike Habermann
Workshop 5: Welches Gender bin ich und wenn ja, wie viele? – Geschlechterbilder nützen der Wirtschaft. Uns nicht.
Identitätskategorien legitimieren Arbeits- und Ressourcenzuteilungen. Vor allem in den letzten zwei Jahrhunderten dienten hierfür Geschlechterklischees. Hier hat die Frauenbewegung erfreuliche Fortschritte erreicht. Das darf aber nicht durch andere Einteilungen wie Ethnisierungen – Stichwort: die migrantische Reinigungskraft – ersetzt werden. Ziel muss es sein, unser Leben jenseits von Identitätsvorgaben gestalten zu können. Und wer sich dann besonders weiblich oder männlich mag, darf’s ruhig sein! Neben inhaltlichen Anstößen werden wir auch unser eigenes ‚doing gender‘ in Alltags- und Berufsleben reflektieren.
Zur Person: Friederike Habermann ist Autorin, Aktivistin und freie Akademikerin, zudem Ökonomin, Historikerin und in politischer Wissenschaft promoviert. Ihr besonderes Interesse gilt dem Verwobensein von Ökonomie mit Rassismus und Sexismus sowie sozialen Bewegungen für eine emanzipatorische Globalisierung und alternativen Wirtschaftsformen. In ihrem jüngsten Buch Ecommony. UmCARE zum Miteinander (2016) lotet sie aus, wie eine auf Commons beruhende und in Care-Logik strukturierte Gesellschaft Wirklichkeit werden könnte.