Akademie im Rahmen der Singer Pur-Tage 2022 Ludwig Senfl in München
Adlersberg bei Regensburg, , 93186 Pettendorf/OT Reifenthal
Mit der engen Verzahnung zwischen musica prattica und musica theoretica dürften die Singer Pur-Tage ein Alleinstellungsmerkmal in der deutschen Festivallandschaft aufweisen. Die Tagesakademie widmet sich heuer dem Komponisten Ludwig Senfl (um 1490 – 1543), den die Stimmwercktage 2008 bereits gewürdigt hatten. Warum die Zweitauflage? 1523 wurde der Schweizer vom bayerischen Hof engagiert. 499 Jahre später möchten Singer Pur mit drei Konzerten und die Unterzeichnenden mit musikwissenschaftlichen und nichtmusikwissenschaftlichen Vorträgen den Weg zum Jubiläum 2023 bereiten: 500 Jahre Ankunft Senfls in München! Im Jubiläumsjahr selbst wird es mehr von dem Einwanderer zu hören und über ihn zu lesen geben – allerdings in der Landeshauptstadt.
Die Initiatoren Gerhard Hölzle, Moritz Kelber und Bernhold Schmid laden herzlich ein zur diesjährigen Senfl-Tagesakademie!
Programm:
10 Uhr Begrüßung und Moderation der Vorträge durch Bernhold Schmid, Gerhard Hölzle und Moritz Kelber
10.10 Uhr – 11.30 Uhr 1. und 2. Vortrag (die Referenten tragen je 25 Minuten vor, danach sind 15 Minuten für Diskussion vorgesehen).
Heidrun Lange-Krach und Marius Mutz (beide Universität Augsburg)
1523: „Weltstadt München“? Geschichte … und Kunst
Welche Stadt betritt Ludwig Senfl im Jahr 1523? Aus historischer und
kunsthistorischer Perspektive werden Schlaglichter auf die Geschichte
der Stadt München und die Hofkultur der Wittelsbacher in den frühen
1520er Jahren geworfen. Welche Horizonte hatten die bayerischen Herzöge
in Bezug auf kulturelle, ökonomische und politische Entwicklungen ihrer
Zeit? Wie verhielten sie sich zu Renaissance und Reformation und welchen
Einfluss hatte dies einerseits auf die Stellung der Residenzstadt im
Heiligen Römischen Reich und andererseits auf die Ausprägung von
Hofkultur und Kunstpatronage? Aus verschiedenen Blickrichtungen zeichnen
die Referierenden Konturen der jungen Residenz nach und beschreiben die
herzoglich-bayerischen Versuche, München europäische Geltung zu
verschaffen.
11.30 Uhr – 12.10 Uhr 3. Vortrag
Annerose Tartler (Universität Wien), Senfl in den Münchner Quellen
Seit Beginn seiner Anstellung am Münchener Hof Wilhelms IV. von Bayern 1523, bis zu seinem Tod 1543, stellte München einen zentralen Punkt im Wirken und Schaffen Ludwig Senfls dar. Senfl gilt als treibende Kraft hinter der Professionalisierung der Münchner Hofkapelle nach Vorbild der Maximilianischen Institution, sowie herausragender Komponist seiner Zeit. Diese große Bedeutung Münchens im Schaffen Ludwig Senfls lässt sich auch heute noch durch die große Menge und Diversität der dort vorhandenen Musikquellen erahnen. Dieser Vortrag soll einerseits einen Gesamtüberblick über die Quellen mit Senfl-Stücken, die sich in München befinden, geben, und andererseits ausgewählte Quellen (mit Bezug aufs für die Akademie ausgewählte Repertoire) genauer in Augenschein nehmen.
Weitere Informationen: senflonline.com
Mittagspause
15 Uhr – 15.40 Uhr 4. Vortrag
Stefan Gasch (Universität Wien), Kontexte: Ludwig Senfl und seine Motetten
Ludwig Senfl (ca. 1490-1543) ist der bedeutendste deutschsprachige Komponist der Renaissance. Seine mehr als 110 erhaltenen und zum großen Teil unbekannten Motetten stellen ein überreiches Forschungsfeld dar, das erst kürzlich für Wissenschaft und Aufführungspraxis zugänglich gemacht werden konnte. Scheinen die individuellen Werke zunächst losgelöst von konkreten Entstehungsszenarien, legt ihre Vielfalt bei genauerem Hinsehen beredtes Zeugnis ab von einer sich kontinuierlich wandelnden Musiksprache, den dramatischen (religions)politischen Ereignissen in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, und den Netzwerken (etwa zu humanistischen wie auch protestantischen Kreisen), wie auch den unterschiedlichen Lebenssituationen des Komponisten. Die Werke stellen uns mithin also eine Musikerpersönlichkeit vor, dessen Wirken insbesondere dadurch gekennzeichnet ist, dass er durch seine Tätigkeit am habsburgischen und wittelsbachischen Hof und mit seinen Verbindungen in den mitteldeutschen und preußischen Raum in einem musikalischen, literarischen, theologischen und politischen Bezugsrahmen aktiv war, der als Sattelzeit am Übergang vom Spätmittelalter zur Neuzeit gilt.
Gleichwohl ist es für eine umfassendere Einordnung in den musikalischen Kontext und ein Verständnis vor den gattungsgeschichtlichen Entwicklungen der Zeit unabdingbar, Senfls Werke auch in Beziehung zu seinen Zeitgenossen zu setzen. Der Beitrag möchte daher einerseits die Welt von Senfls Motetten in den Blick nehmen, gleichzeitig aber auch auf deren Überlieferungsgeschichte und die kompositorischen Trends der Zeit aufmerksam machen.
15.50 Uhr – 16.30 Uhr 5. Vortrag
Sonja Tröster (Universität Wien), Volgen die mit fünffen/mit sechsen – größer besetzte Liedkompositionen Senfls
Ludwig Senfl zählt zu den bekanntesten Liedkomponisten des 16. Jahrhunderts. Ein Großteil der rund 300 von ihm überlieferten Liedsätze ist – dem Standard der Zeit folgend – für vier Stimmen angelegt. Einige seiner heute bekanntesten Lieder sind allerdings mit fünf und sechs, in einem Fall sogar sieben Stimmen überliefert. Welche inner- oder außermusikalischen Faktoren bewegten Senfl zu größerer Simmendisposition, was zeichnet diese Liedsätze aus? Oder stammen einige der über die Vierstimmigkeit hinausgehenden Stimmen vielleicht gar nicht von Senfl?
16.30 Uhr – 17.10 Uhr 6. Vortrag
Ben Schaffer Ory (Regensburg), Musikhistoriographie im frühen 20. Jahrhundert und die Rolle Senfls
In den Jahren um den Ersten Weltkrieg war die Erforschung der Renaissancemusik ein europäisches Phänomen, das am prominentesten in Deutschland und Österreich vertreten war. Von den musikhistorischen Persönlichkeiten der Mitte des 16. Jahrhunderts haben nur wenige so viel Aufmerksamkeit erhalten wie Ludwig Senfl, dessen Werke ab 1903 in den Denkmälern der Tonkunst in Bayern, später im Erbe deutscher Musik und von der Schweizerischen Musikforschenden Gesellschaft gedruckt worden sind. Der bemerkenswerte Fokus auf Senfl war Teil eines größeren musikhistorischen Programms, das statt katholischer Musiker des 16. Jahrhunderts Komponisten erforschte, die mit der deutschen Reformation in Verbindung standen. In diesem Vortrag baue ich auf kontroversielle Forschung von Andrea Lindmayr-Brandl auf, um zu zeigen, wie Senfl die Musikgeschichte des 16. Jahrhunderts dominierte, wohingegen der Fokus auf Senfl und die Senfl-Ausgabe in der Nachkriegszeit zurückging. Ein besseres Verständnis von Senfls Rolle in der Musikgeschichte kann uns als modernen Historikern und Historikerinnen helfen, neue Narrative zu entwerfen, die weder von nationalistischen noch von religiösen Annahmen ausgehen. In jedem Fall argumentiere ich, dass Senfl als eine musikhistorische Figur des 16. Jahrhunderts in der Musikgeschichte kritisiert werden soll.
Kooperation: Initiativgruppe Singer Pur Akademie, Katholische Erwachsenenbildung Regensburg-Stadt
Weiterführende Informationen zum Gesamtprogramm der Singer Pur Tage finden Sie unter https://www.singerpur.de/singer-pur-tage-2022
Eintritt frei, um Spenden wird gebeten.
Kooperationspartner
Das EBW und die Katholische Erwachsenenbildung (KEB) Regensburg unterstützen die Singer Pur Tage als Kooperationspartner.Kursnummer
KKosten
Eintritt frei, Spenden erwünscht.Anmeldung
Eine Anmeldung ist erforderlich unter singerpurtage@singerpur.deÄhnliche Veranstaltungen
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